Mit starrem Blick fixieren die Border Collies auf den Boden geduckt die kleine Herde Schafe. Da, eines wird übermütig und versucht sich davon zu stehlen. Doch der Hütehund scheint die Bewegung schon vorauszuahnen und versperrt dem empört mähendem Wollknäuel den Weg. Mit schrillem Ton erklingt die Hundepfeife von John Davoren und dirigiert die Hütehunde Rose, Lee und Lynn bei ihrer Aufgabe. Von der Besucherplattform aus beobachte ich beeindruckt, wie die Hunde die Schafe über das Gelände treiben – nur gelenkt von Johns Stimme und der Hundepfeife.
Was wäre Irland ohne den Besuch einer Schaffarm?!
Irland ohne Schafe? Kaum vorzustellen! Die wolligen Rasenmäher gehören einfach zur grünen Insel dazu. Ob an den steilen Klippen, auf saftigen Weiden, im kargen Bergland oder gar auf so mancher schmalen Straße begegnen einem Schafe, Schafe und noch mehr Schafe. Okay, manchmal werden sie auch von Kühen abgelöst. Aber zum typischen irischen Postkartenmotiv gehört nun mal ein Schaf mit dazu.
Wer wissen will, wie Hütehunde dafür sorgen, dass die Schafe wieder zurück auf die heimische Weide kommen, der kann auf einigen Schaffarmen in Irland eine Hütehund Vorführung besuchen. Im County Clare an Irlands Westküste ist dies zum Beispiel in Caherconnell möglich.
Hütehund Vorführung in Caherconnell, Co. Clare
Das Caherconnell Fort liegt mitten in der kahlen Karstlandschaft des Burren im County Clare. Unweit vom bekannten Poulnabrone Dolmen wurde das irische Ringfort zum Schutz vor Wikingern erbaut. Doch Caherconnell hat noch mehr zu bieten: Die Hütehund Vorführung von John Davoren, dem das Land gehört, zeigt wie Hunde und Schäfer zusammenarbeiten. Und das als eingespieltes Team – mit wenigen kurzen Befehlen oder dem singenden Ton der Hundepfeife bedeutet John seinen Border Collies, was sie tun sollen. Gerade im kargen Burren ist die Arbeit der Hütehunde besonders wertvoll, wenn es gilt, Schafe auf unwegsamem Gelände zusammenzutreiben.
Hütehunde bei der Arbeit: Sheepdog demonstration
Nach unserem Besuch des Forts, geht es endlich hinüber zu den Schafen und Hunden. Begrüßt werden wir von einer Oma: Hütehund Sally hat schon 18 Jahre auf dem Buckel und ist mittlerweile in Rente. Es heißt, ein Hundejahr wären sieben Menschenjahre – dann wäre Sally also stolze 126 Jahre alt! Langsam folgt uns das alte Mädchen zur Aussichtsplattform, holt sich ein paar Streicheleinheiten ab und beobachtet, wie sich der Hütehunde Nachwuchs so macht.
Von der überdachten Aussichtsplattform aus haben wir einen guten Blick über das Gelände. John stellt uns seine Border Collies vor: Rose, Lee und Lynn werden heute den Schafen zeigen, wo es lang geht. John arbeitet schon seit seiner Jugend mit den Hütehunden: “Zuerst trainiere ich die Hunde auf meine Stimme, später folgt die Pfeife. Dabei hat jeder Hund seinen eigenen Ton, auf den er hört. Vier, fünf Befehle – das ist alles.”
Die Hunde sind aufgeregt, warten darauf, dass es endlich losgeht. Die kleine Schafherde fest im Blick warten sie auf ihr Kommando. “Rose, go, Rose! Lynn, Lynn, Lynn. Lee, left!” Auf jeden kleinsten Befehl reagieren die Hunde wie eine Eins. Sie umkreisen die Schafe, treiben sie zwischen verfallenen Mauern zusammen. Und das ohne auch nur einmal zu bellen. Die Border Collies ducken sich in Habachtstellung auf den Boden, ihre Augen stets auf die Herde gerichtet. Ausbüchsen ist nicht!
“Bring ‘em in! – Bring sie rein!”
Der frische Frühlingswind trägt die hohen Töne der Hundepfeife über die Wiesen. Die Hunde sind eifrig bei der Sache, scheinen geradezu auf neue Pfeifsignale zu warten. Die Schafe drängen sich zusammen. Wache Hundeaugen fixieren unablässig ihre Schützlinge, doch noch haben sie kein “Go!”. John befiehlt ihnen per Pfeifton, still zu sitzen.
Dann endlich kommt das sehnlich erwartete Signal. Die Pfeife ertönt in einem Sing-Sang-Ton. Für mich klingt es, als ob sie rufen würde: “Bring ‘em in! Bring ‘em in!”. John dirigiert die Hunde und diese wiederum die Schafe in die gewünschte Richtung. Über die Wiese, durch eine Lücke in einer windschiefen Steinmauer, zurück zur erhöhten Fläche bei der Besucherplattform.
Frühlingszeit ist Lämmerzeit in Irland
Mit wenigen Sprüngen erreicht die kleine Schafherde die höher gelegene Weide. Hier tummelt sich der Kindergarten: Mutterschafe und ihre Lämmer stehen in kleinen Gruppen beisammen und machen das, was Schafe halt so machen: Grasen, sich an der Milchbar der Mama bedienen, miteinander spielen. Mit ihren noch staksigen Beinen springen die Lämmer über das nasse, grüne Gras. Jetzt im Frühling werden viele Lämmchen geboren, auch in der Nacht zuvor ist Nachwuchs auf die Welt gekommen.
Doch mit der Idylle ist es schnell vorbei, als die Hütehunde auf der Bildfläche erscheinen. Aufgeschreckt drängen sich die Schafe zusammen, die Mütter schieben sich zwischen die Hunde und ihre Lämmer, um sie zu schützen. Und das nicht ohne Grund: Denn die Hunde zwicken auch in so ein dünnes, kleines Lämmerbein, wenn das Baby-Lamm nicht sofort spurt. Nicht gerade sanft, nicht einmal die kleinsten haben Narrenfreiheit…
Caherconnell Besucherzentrum: Preise & Öffnungszeiten
Das Besucherzentrum ist im Stil eines irischen Cottages erbaut. Es beherbergt einen Shop und ein Café, wo man kleine Mahlzeiten und leckere Kuchen genießen kann. Das Caherconnell Besucherzentrum ist von Mitte März bis Ende Oktober täglich geöffnet. Es gibt Tickets für das Caherconnell Fort (7 EUR), für die Hütehund Vorführung / Sheepdog demonstration (5 EUR) oder ein Kombi-Ticket für beides (9,60 EUR).